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M.A. Dramaturgie

Seiner Geschichte nach ist der Dramaturg im Theater derjenige, der mit kritischer Distanz auf die Produktion blickt. Teil von ihr, doch auch dieser fremd, stellt er sie immer wieder als Ganzes infrage. Er reflektiert sie mit ihren Bedürfnissen, Notwendigkeiten und ihrem Eigensinn, aber auch ihren Sachzwängen, geregelten Abläufen und Automatismen. Im besten Fall setzt er so die Produktion in Bezug zu den Kontexten, in denen sie steht. Damit verkörpert er den Anspruch von Geschichte, Gesellschaft und Politik innerhalb des künstlerischen Prozesses und vertritt diesen andererseits nach außen. Um dies leisten zu können, braucht er neben den Kenntnissen des Spezialisten vor allem die Grundtugenden jedes Forschenden: Er sollte lesen, schauen, denken, hören, schreiben können und den Mut haben, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen.

Ach ja, und wer sich bis jetzt am durchgängigen Maskulinum in diesem Text gestört hat, dem bzw. der geben wir ganz recht: Die Geschichte der Dramaturgen im Theater – von Lessing und Hölderlin über Brecht und Rainer Schlösser bis Heiner Müller – ist wie die Geschichte aller Leitungsfiguren im (Sprech-)Theater bis in die frühen 70er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts eine Geschichte gewesen, die von Männern dominiert wurde. Diese Geschichte können wir nicht umschreiben. Ihre Fortsetzung stellen wir uns allerdings anders vor.

Der Frankfurter Studiengang
Mit dem Jahrgang 2012 ist der hochschulübergreifende, Theorie und Praxis integrierende Master-Studiengang „Dramaturgie“ im Rahmen der Hessischen Theaterakademie unter neuer Leitung in sein zweites Jahrzehnt gestartet. Er wurde 2002 von Hans-Thies Lehmann gegründet. Seine Konzeption antwortete auf die großen Umbrüche im Theater der vergangenen Jahrzehnte: Angesichts experimenteller Formen, die die Grenzen der traditionellen Bereiche von Theater, bildender Kunst und audiovisuellen Medien überschritten, und mit Blick auf neue Formen des Musiktheaters, des Tanzes und der Performance waren die Aufgaben der Dramaturgie komplexer geworden. Der Studiengang wurde schnell zu einem erfolgreichen Modell und vielen seiner Studierenden ist schon vor Ende ihres Studiums ein Engagement angeboten worden. Absolventen arbeiten an vielen Stadt- und Staatstheatern sowie in Produktionsstätten der freien Szene.

Mit Blick auf das sich rapide verändernde Berufsbild des Dramaturgen ist es dem Frankfurter Studiengang besonders wichtig, Studieninhalte zu vermitteln, die nicht nur für das bereits existierende Theater, sondern auch für ein Studierenden wie Dozenten noch unbekanntes zukünftiges Theater vorbereiten. Zu den Merkmalen eines guten Dramaturgen rechnen wir neben der Kenntnis des real existierenden Theaters, seiner Traditionen und Rahmenbedingungen auch die soziale Phantasie, das Wissen um andere Möglichkeiten, die Sensibilität für das Neue, Unbekannte, die Fähigkeit, es auf Begriffe zu bringen, und die Bereitschaft, es gegen die ökonomischen und politischen Hindernisse des Betriebs und der Gesellschaft durchzusetzen. Besonderen Wert legen wir deshalb auf eine internationale Ausrichtung, auf eine enge Vernetzung mit gegenwärtiger künstlerischer Praxis in allen Bereichen des Theaters und der angrenzenden Künste sowie auf die Beförderung des selbständigen szenischen Forschens und der eigenständigen wissenschaftlich-theoretischen Praxis der Studierenden.

Studieninhalte

Lehr- und Forschungsschwerpunkte
Zu den Frankfurter Lehr- und Forschungsschwerpunkten im Bereich der Dramaturgie gehören u.a.: Theorie, Geschichte und Analyse des Theaters in allen seinen Spielarten und Erscheinungsformen, Allgemeine und Vergleichende Theaterforschung, Kritische Theorie, Poststrukturalismus und Alterität, Fragen im Spannungsfeld zwischen Theater, Gesellschaft, Theorie und Politik, dramaturgisches Lesen, Grundfragen dramaturgischer Praxis und Theorie, künstlerisch-praktische Arbeit in szenischen Projekten, Workshops und Theorie-Praxis-Projekten, eigenständiges künstlerisches, theoretisches und organisatorisch-kuratierendes Arbeiten, Theatertechnik, Produktionsdramaturgie sowie Einblicke in Grundlagen der Theaterorganisation.

Der Master-Studiengang Dramaturgie ist ein Studiengang der Professur für Theaterwissenschaft am Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft. Gleichzeitig ist er Teil der Hessischen Theaterakademie, eines Studien- und Produktionsverbundes, in welchem die auf das Theater hin qualifizierenden Studiengänge hessischer Hochschulen und die wichtigsten hessischen Stadt- und Staatstheater vernetzt sind.

Darüber hinaus profitieren die Studierenden von den Vorteilen eines universitären Vollstudiums: Von einem vielfältigen theoretischen Seminarangebot, das sich am Primat der Bildung orientiert und diese nicht auf eine instrumentelle Ausbildung verkürzt, über die Möglichkeit, ausgezeichnete Fachbibliotheken sowie die Mediathek der TFM zu nutzen bis hin zu vielfältigen Angeboten (Vorträge, Workshops, Symposien) im Institut wie in den angrenzenden Fächern und Fachbereichen. Den Studierenden stehen darüber hinaus eine außerhalb des Unterrichts von ihnen selbst verwaltete Probebühne, technisches Equipment für die Arbeit mit Video, Sound und Licht, eine digitale Plattform für die Dokumentation eigener Arbeiten sowie die Möglichkeit der Nutzung von Proberäumen im Frankfurt LAB zur Verfügung.

Leitung: Prof. Dr. Nikolaus Müller-Schöll, und Eva Döhne, M.A. (Koordination)

Weiter lehren folgende hauptamtliche Theaterwissenschaftler*innen am Institut für Theater-, Film-, und Medienwissenschaften: Sophie Osburg und Dr. des. Marten Weise.


Studieninhalte

Digitale Theaterforschung
Wir zeichnen Gastvorträge, Diskussionen, Gespräche mit Künstler*innen und szenische Projekte seit mehreren Jahren auf und machen sie Studierenden des Instituts zugänglich. Siehe: https://blog.studiumdigitale.uni-frankfurt.de/theater/



Netzwerk/HTA

Hessische Theaterakademie
Aufgrund der zweifachen Verankerung des Studiengangs – zum einen im Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft, zum anderen in der Hessischen Theaterakademie – entsteht seine enge Verbindung von wissenschaftlicher und praktischer Theaterarbeit. So ermöglicht der Dramaturgie-Studiengang den Studierenden bereits im Rahmen des Studiums in Lehrveranstaltungen und in konkreten Projekten den Austausch und die Zusammenarbeit mit den Studierenden anderer Bereiche des Theaters (Theaterwissenschaft, Regie, Schauspiel, Szenographie usw.).

Friedrich Hölderlin-Gastprofessur für Allgemeine und Vergleichende Dramaturgie
Die Professur für Theaterwissenschaft besetzt mit Unterstützung des DAAD und des International Office der Goethe-Universität regelmäßig eine Friedrich Hölderlin-Gastprofessur für Allgemeine und Vergleichende Dramaturgie mit internationalen Gästen, die in ihrer Arbeit Theorie und künstlerische Praxis auf vorbildliche Weise mit einander verbinden. In den letzten Semester waren unter anderen der Theaterwissenschaftler Prof. Dr. Freddie Rokem (Tel Aviv), der Wissenschaftler Prof. Dr. Esa Kirkoppelto (Helsinki), Theaterwissenschaftler Dr. Markus Wessendorf (Mānoa), Theatermacherin Lina Majdalanie (geb. Saneh), die Wissenschaftlerin Prof. Dr. Annalisa Piccirillo (Neapel), der Regisseur und Theaterwissenschaftler Prof. Dr. Tore Vagn Lid (Oslo), der Theaterwissenschaftler Prof. Dr. Khalid Amine (Marokko), die Theaterwissenschaftlerin Prof. Dr. Kélina Gotman (London) und der Theaterwissenschaftler Prof. Dr. Enrico Pitozzi (Bologna) in Frankfurt zu Gast.

Lehrende und Partner Institutionen
Neben den hauptamtlichen Dozentinnen und Dozenten des Instituts und der Hessischen Theaterakademie sowie Dozierenden der Partneruniversitäten wirkten und wirken am Studiengang bisher u.a. die folgenden Dozentinnen und Dozenten mit: Prof. Dr. Norbert Abels, Dr. Ira Avneri, Sibylle Baschung, Hauke Berheide, Esther Boldt, Dr. Miriam Dreysse, Prof. Wanda Golonka, Prof. em. Dr. Werner Hamacher (T), Prof. em. Dr. Ulrike Haß, Prof. em. Dr. Carl Hegemann, Rolf C. Hemke, Prof. Dr. Hans Hollmann, Prof. Ruth Kanner, Alexander Kerlin, Konrad Kuhn, Christof Loy, Thomas Maagh, Florian Malzacher, Bettina Milz, Sergio Morabito, Matthias Naumann, Christof Nel, Dr. Leonie Otto, Benedikt von Peter, Christine Peters, Judith Pieper, René Pollesch, David Rittershaus, Prof. Dr. Richard Schechner, Imanuel Schipper, Dr. Philipp Schulte, Bernhard Siebert, Dr. Tim Schuster, Dr. Amy Stebbins, Prof. Dr. Malgorzata Sugiera, Friederike Thielmann, Susanne Traub, Norihiko Tsukinowa, Prof. Gerd-Theo Umberg, Dr. Dr. Marion Victor, Prof. Dr. Sam Weber, Prof. Dr. Kristin Westphal, Prof. Dr. Susanne Winnacker, Olaf Winter, Dr. Mayte Zimmermann, Inga Bendukat, Dr. Julia Schade, Eva Döhne, Rebecca Ajnwojner, Rupert Jaud, Lukas Renner.

Ein enger Austausch besteht u.a. mit: dasarts Amsterdam; Frankfurt LAB; Kampnagel Kulturfabrik, Hamburg; Künstlerhaus Mousonturm, Frankfurt; Oper Frankfurt; PACT Zollverein, Essen; Plateforme de la jeune création franco-allemande; Ruhrtriennale; Schauspiel Frankfurt; Tanzlabor 21, Frankfurt; dem Festival „Frankfurter Positionen“ der BHF-Bank-Stiftung; dem Festival Impulse, NRW; Théâtre des Amandiers, Nanterre; Tanzquartier Wien; Theater der Welt; Wiesbaden Biennale; Zentrum für Kunst und Medien, Karlsruhe; Volksbühne Berlin.


Internationale Vernetzung
Der Master-Studiengang Dramaturgie verfügt durch die regelmäßige Einladung internationaler künstlerischer und wissenschaftlicher Gastdozeierende sowie die Zusammenarbeit mit verschiedenen europäischen und außer-europäischen Universitäten über eine ausgeprägt internationale Ausrichtung. Im Rahmen des Masterstudiums sind Auslandsaufenthalte möglich und erwünscht. Kooperationspartner sind unter anderem die Universitäten Universitetet i Bergen, Stockholms universitet, Teatterikorkeakoulu Helsinki, Aberystwyth University, Københavns Universitet, Université Libre de Bruxelles; Université Paris 8 Vincennes – Saint-Denis, Université Paris 10 Nanterre, Universidad da Coruña, Universität Wien, Univerzita Karlova Praha, University of Chicago, Universität Tel Aviv, Kunsthøgskolen i Oslo.

Bewerbungs­verfahren

Bewerbung für den Master-Studiengang Dramaturgie am Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft im Rahmen der Hessischen Theaterakademie

Regelstudienzeit: Vier Semester
Abschluss: Master of Arts in Dramaturgy
Studienbeginn: Jährlich zum Wintersemester
Bewerbungsschluss: jährlich zum 31. Mai (Datum des Poststempels)

Zulassungsvoraussetzungen

  • Abgeschlossenes Hochschulstudium
  • Praktische Erfahrungen im Berufsfeld Dramaturgie von in der Regel mindestens zwei Monaten Dauer
  • Englischkenntnisse auf dem Niveau B2 (GeR) und Kenntnisse einer weiteren neueren Fremdsprache (B1)
  • Nachweis von Deutschkenntnissen entsprechend der DSH-Ordnung (DSH-2-Prüfung) bei Bewerbungen mit ausländischer Hochschulzugangsberechtigung.

Auswahlverfahren
Auf der Grundlage der eingereichten Unterlagen lädt der Prüfungsausschuss geeignete Bewerberinnen und Bewerber schriftlich zur Zugangsprüfung ein, die voraussichtlich an einem Wochenende im Juni stattfinden wird.

Kontakt:
Goethe-Universität
Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft
Koordination Master-Studiengang Dramaturgie
Norbert-Wollheim-Platz 1
D-60323 Frankfurt am Main
dramaturgie@tfm.uni-frankfurt.de

Bewerbungsunterlagen
Die Bewerbungsunterlagen sind nicht über das Portal „uni-assist“, sondern schriftlich per Post und per E-Mail einzureichen (bitte in einem PDF).

  • Beglaubigte Kopie des Hochschulabschlusszeugnisses
  • Lebenslauf mit dem akademischen Werdegang
  • Ein Motivationsschreiben, das begründet, warum die Bewerberin oder der Bewerber jetzt ein Dramaturgiestudium aufnehmen will.
  • Nachweis des Interesses an dramaturgischer Praxis (z.B. durch die Dokumentation bisheriger künstlerischer oder theoretischer Arbeit) und/oder szenischer Forschung
  • Vermitteln Sie eine künstlerische Arbeit, die Sie tief beeindruckt hat, auf zwei Druckseiten (3600 Zeichen inklusive Leerzeichen) einem Kreis von Leser*innen, deren Interesse Sie dafür wecken wollen.
  • Für Bewerber*innen aus den Ländern Indien, Vietnam und Volksrepublik China: APS-Zertifikat (nur Original)
  • Bitte schicken Sie alle Unterlagen in einem pdf.
  • Bitte schicken Sie Ihre Bewerbung ohne Hefter/Mappe.

FAQ zu den Bewerbungs­unterlagen

Was heißt „Nachweis des Interesses an dramaturgischer Praxis (z.B. durch die Dokumentation bisheriger künstlerischer oder theoretischer Arbeit)“?
Dies ist bewusst offen formuliert. Bitte senden Sie ein, was Sie für sinnvoll halten.

Muss ich mein Originalzeugnis einsenden oder reicht eine einfache Kopie?
Weder noch. Wir benötigen eine beglaubigte Kopie, sowohl Ihres Bachelorzeugnisses als auch Ihrer Sprachnachweise.

Zum Ende der Bewerbungsfrist habe ich meinen Bachelorstudiengang noch nicht abgeschlossen/mein Zeugnis noch nicht erhalten. Kann ich mich trotzdem bewerben?
Ja. Wir benötigen in diesem Falle aber ein Transcript of Records. Dieses muss eine vorläufige Durchschnittsnote aufweisen und nachweisen, dass zur Bewerbung mindestens 80% der Gesamt-Credit-Points Ihres Studiengangs erreicht sind. Das Transcript of Records muss entweder mit dem Stempel einer notengebenden Stelle versehen oder online verifizierbar sein. Außerdem benötigen wir einen Nachweis darüber, dass der Bachelorstudiengang bis zum Ende des ersten Master-Semesters abgeschlossen sein wird. Diese Bescheinigung muss ebenfalls von einer notengebenden Stelle ausgestellt sein. Mit diesen Unterlagen ist – bei Angebot eines Studienplatzes – eine vorläufige Einschreibung möglich; das Bachelor-Zeugnis muss dann innerhalb des ersten Semesters an der Goethe-Universität dem Studien-Service-Center vorgelegt werden.

Studienordnung Dramaturgie

Link zur Studienordung:
https://www.uni-frankfurt.de/62689414/FB_10___Neuere_Philologien#drama
Link zum Modulhandbuch:
MA_Dramaturgie_Modulhandbuch_zur-Vero_ffentlichung_18_07_2017.pdf
Link zur Rahmenordnung FB 10, MA:
MA_RO_FB-10_2016-06-22_2.pdf